Lieferanten-Audits aus der Ferne meistern
Der Besuch bei wichtigen Lieferanten vor Ort sollte selbstverständlich sein: Sei es anfangs zur Auswahl des richtigen Partners, zur regelmäßigen Qualitätskontrolle oder Kapazitätsprüfung vor einem neuen Großauftrag. Gerade aktuell zeigt sich in vielen Branchen zudem, wie wichtig gute Lieferantenbeziehungen für die eigene Versorgungssicherheit sind. Reisen sind allerdings nur eingeschränkt möglich. Was also tun? Kloepfel Senior-Partner Thomas Wandler verrät, wie das Audit aus der Ferne gelingt.
Herr Wandler, welche Anlässe gibt es für Lieferanten-Audits?
Im Laufe der Qualifikation und/oder Freigabe von einem neuen Lieferanten ist es oft notwendig und sinnvoll, diesen vorab durch ein Audit auf den Prüfstand zu stellen. Gibt es wiederum laufende oder wiederholte Störungen in der Lieferkette, kann ein Audit rasch die tatsächlichen Ursachen aufdecken – so können direkt und gemeinsam Abstellmaßnahmen definiert werden. Auch kann es aufgrund der eigenen Zertifizierung bzw. wegen Kundenvorgaben notwendig sein, seine wichtigsten Lieferanten regelmäßig mit einem Auditteam zu besuchen. Zu guter Letzt einer der für mich wichtigsten Gründe: das eigene Risikomanagement. Dadurch sollte ich unbedingt meine Schlüssel-Lieferanten auditieren. Zu beachten ist, dass nicht jeder Lieferantenbesuch automatisch ein Audit ist und im Zuge eines Audits auch nicht über Preise oder ähnliche Dinge gesprochen werden sollte.
Wie läuft so ein Audit in der Regel ab?
Es gibt verschiedene Abläufe, ich bevorzuge eher die „genormte“ Version. In den Normen ist genau beschrieben, wie ein Audit abzulaufen hat. Wichtig ist für mich, den Lieferanten als Partner schon in die Planung einzubinden und vorab zu definieren, ob es sich um ein Prozessaudit oder ein Produktaudit handelt. Der Zeitrahmen sollte ebenfalls mittels einer gut vorbereiteten Agenda beschrieben sein. Wenn es noch gelingt, die Fragen (zumindest im Groben) dem Lieferanten vorab zukommen zu lassen, dann wird das Audit noch besser ablaufen. Denn dann kann sich der Auditor wirklich auf die einzelnen Punkte konzentrieren und auch Abweichungen direkt aufarbeiten.
Sehen Sie bei Ihren Kunden, dass es derzeit damit Schwierigkeiten gibt?
Absolut, da ein Audit bisher immer nur vor Ort gemeinsam durchgeführt wurde. Es gibt viele Störungen in der Lieferkette, die aktuell sehr schwer einschätzbar sind und daraus entstehen viele Missverständnisse.
Aus welchen Gründen treten diese Schwierigkeiten auf?
Leider sind oft auch die mangelnde Vorbereitung und die strategische Ausrichtung eines Audits nicht sauber und es kann zu Unstimmigkeiten auf beiden Seiten kommen. Aufgrund der aktuell schwierigen Reisebestimmungen kann es durchaus zu Problemen kommen.
Wie lässt sich gegen diese Schwierigkeiten vorgehen?
Eine attraktive Möglichkeit ist es, ein Audit an jemanden zu delegieren, der bereits vor Ort ist. Mit unseren weltweit verteilten Standorten und zusätzlichen Unternehmen im Kloepfel-Netzwerk gibt es gute Chancen, dass wir bereits Experten vor Ort haben, die nicht erst kosten- und zeitaufwendig eingeflogen werden müssen. Sei es in China, Russland oder Mexiko.
Doch ob man selbst vor Ort ist oder eine Stellvertretung: Wichtig ist gute Kommunikation im Vorfeld! Dabei sind Fragen zu klären, wie: Welches Ziel verfolge ich mit dem Audit? Warum gerade jetzt? Was möchte ich einsehen, Produktion, Verwaltung, Dokumente …? Und wer wird Teil des Teams sein? Anhand einer konkreten Agenda lässt sich das Team eventuell auch aufteilen. Wichtig ist natürlich auch, dass die Auditoren gut ausgebildet sind – Audit kommt von Audio und das bedeutet hören! Zuhören steht also an erster Stelle.
Wer trotz keine Reiseschwierigkeiten keine Stellvertretung vor Ort beauftragen möchte, kann auch digital reagieren. Wir haben schon Audits durchgeführt, bei denen der Lieferant einen Mitarbeiter mit eingeschalteter Mobilkamera durch das Unternehmen „mitgenommen“ hat. Im Privaten kennen wir viele Formen von „GoPro“-Kameras – diese sind günstig zu erhalten und lassen auf einem Helm anbringen. Der Mitarbeiter ist mittels Kopfhörer mit dem Auditor verbunden und wird so „dirigiert“. Natürlich ersetzt das nicht den persönlichen Besuch bei einem Lieferanten, allerdings kann dieser dann in größeren Zeitabständen stattfinden.
Wie läuft die Beauftragung eines Audits ab?
Sehr oft kommen wir im Zuge einer Problembehandlung auf die Frage nach der Ursache. Wenn sich diese nicht im eigenen Unternehmen finden lässt, ist ein Prozessaudit eine sinnvolle Unterstützung. Wenn das Problem bekannt und dokumentiert ist, kann das Audit sehr rasch beauftragt werden.
Wie schnell ist das Audit dann durchführbar?
Wenn es rasch gehen muss, kann ein Audit innerhalb von 24 Stunden durchgeführt werden. Wobei ich dabei zu bedenken geben möchte, das es mit einer Woche Vorlaufzeit besser planbar und durchführbar ist. Es geht dabei auch darum, beim Lieferanten wirklich alle relevanten Ansprechpartner greifbar zu haben.
Lohnt es sich auch ohne die genannten Schwierigkeiten, Audits zu delegieren?
Auf alle Fälle, denn dadurch werden oft viele Emotionen und „Altlasten“ aus dem Thema herausgenommen. Es kommt auch zu keinen Ablenkungen durch „Nebenschauplätze“, da der externe Auditor sich auf das Thema konzentriert und keine anderen Themen kennt oder behandeln wird. Wer außerdem in der derzeitigen Lage ein Mal ausprobiert hat, sich den Besuch durch Stellvertretung direkt am Ort zu sparen, wird das Vorgehen danach wahrscheinlich auch nicht mehr missen wollen – schließlich erhält man trotz ausfallender Reisekosten und Zeitaufwände dennoch ein sauberes Audit.
Herr Wandler, wir danken für das Gespräch!
Kontakt:
Christopher Willson
Kloepfel Group
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